Doppelinstallation im Kunsthaus und der Bergkirche Wiesbaden
Die einander ergänzenden Installationen geben verschiedenen Aspekten des Begriffs UMKEHR Gestalt, die symbolisch für die eigentliche theologische Bedeutung verstanden werden. Dazu kehren die beiden KünstlerInnen die gewohnte Richtung des Bilder-Zeigens und des Wort-Verkündigens um und holen visuelle und akustische Lebensäußerungen aus dem Umkreis beider Häuser hinein ins Innere.
Mit dem Abstand zwischen Kunsthaus und Bergkirche als Radius (ca.500 m) wurden zwei Kreise um die beiden Orte gezogen. Entlang dieser Kreise wurden in regelmäßigen Abständen jeweils zwölf Orte bestimmt, an denen zu verschiedenen Jahres- und Tageszeiten Klang- bzw. Videoaufnahmen gemacht wurden. In beiden Häusern wurden dann raumfüllende kreisrunde Installationen konzipiert, die die zahlreichen und zeitgleichen Aufnahmen zu je einem neuen Ganzen zusammenfügen – hier ein Gesamtbild, dort ein Gesamtklang.
Kunsthaus | 12teilige Videoprojektion, weißer Quarzsand, 6 Kirchenbänke
Mit Analogie zu Fenster-Rosetten sowie der Klanginstallation in der Bergkirche wird im Kunsthaus ein zwölfteiliges Video auf den mit feinem weißen Quarzsand bedeckten Boden projiziert. Jeder einzelne der kreisrunden Filmausschnitte gibt eine 3minütige Drehung der Kamera um ihre eigene Achse wieder. Zusammen ergeben sie eine neue runde Gesamtform, bei der große Überschneidungen und verbindende Bildüberlagerungen entstehen. Die Projektion ist ständig in Bewegung und Metamorphose.
Zusätzlich sind sechs Kirchenbänke aus der Bergkirche auf beiden Seiten des Raumes platziert.
_Double installation in the Kunsthaus Wiesbaden (Art Exhibition Hall ) and the Bergkirche (Church)
With analogy to window rosettes and the sound installation in the church, a twelve-part video is projected onto the floor of the Exhibition Hall covered with fine white quartz sand. Each of the circular film excerpts reproduces a 3-minute rotation of the camera around its own axis. Together, they form a new round overall shape that creates large overlaps and connecting image overlays. The projection is constantly in motion and metamorphosis. In addition, six pews from the church are placed on both sides of the room.
Coop. Nikolaus Heyduck
| Kunsthaus Wiesbaden | Bergkirche Wiesbaden |
Installation aus 41 Rettungswesten, Fangnetz, Bewässerungssystem, Lautsprecher, Zuspielung, Vitrine
“Nestschutz” ist eine Doppelinstallation unter der Weidenhäuser Brücke in Marburg an der Lahn und im dortigen Mutter-Kind-Zentrum in den Lahnbergen.
Schutznest | Unter der Brücke hängt ein tropfendes Fangnetz voll mit orangefarbenen Rettungswesten. Aus dem Inneren dieses Kokons ist ein dumpfes Gluckern und Wabern zu hören. Es ist eine Soundcollage aus den Herztönen ungeborener Kinder im Mutterleib. Unterbrochen wird dieses Geräusch zu jeder vollen Stunde von einem Alarmsignal mit Trillerpfeifen, die zur Standardausrüstung einer Rettungsweste gehören.
Erste Hilfe | Im Mutter-Kind-Zentrum steht in einer schützenden Sockelvitrine eine einzelne Rettungsweste, die zu einem individuellen Kunstobjekt umgestaltet wurde.
Auszug aus dem Katalogtext: "Da unsere natürlichen Fähigkeiten sehr begrenzt sind, entwickeln wir Methoden und Hilfsmittel, um nicht unterzugehen. Wir brauchen Schwimmflügel. Wir bauen Instrumente, die uns den Fluss erklären sollen, die nächste Biegung voraussagen und gefährliche Strömungen rechtzeitig erkennen helfen. Wir erfinden Vorschriften und Normen in der Annahme, das Leben hielte sich daran. Und weil wir all dem selbst nicht vertrauen, treffen wir Sicherheitsmaßnahmen, entwickeln Sicherheitsvorrichtungen, stellen Sicherheitskriterien auf, legen Sicherheitswesten an und schließen Versicherungen ab. Und währenddessen fließt der Fluss einfach weiter – und wir mit ihm. Und obwohl Wasser der Ursprung des Lebens ist, bedeutet es Tod durch Untergang, wenn wir darin nicht Schwimmen lernen. Ob nun gegen den Strom oder sich mit ihm treiben zu lassen, das Ziel ist stets, sich über Wasser zu halten. "
_Even though water is the source of life, it means death through sinking if we don’t learn to swim. Newborn still have the ur-knowledge from the mother’s womb and move safely in the shallow waters along the banks. But this maternal immunity doesn’t last long and the current of life pulls us into its center. If now swimming against the stream or letting oneself drift with it, the goal is always to stay above water.
| Weidenhäuser Brücke Marburg | Mutter-Kind-Zentrum Lahnberge Marburg |
18 Eisenrohre, Armierungseisen, weiße Fahnen
Entlang des Kunstweges rund um den Kunstturm Mücke ist man stets im Blick von zahlreichen Hochsitzen, die sich am Waldrand tarnen. “Zielfindung” ist eine Installation aus insgesamt 18 Eisenrohren, die genau auf diese Beobachtungsposten gerichtet sind. Der hohen Anzahl der Hochsitze und der eigenen Position “in der Schusslinie zu sein” wird man sich erst beim Durchblicken bewußt. Zur Enttarnung und als Friedensangebot hissen alle angepeilten Hochsitze in der Zeit weiße Fahnen. Da die Installation auch als Windorgel konzipiert wurde, sind hier an windigen Tagen heulende Klänge zu hören – einem Rudelruf gleich.
In veränderter Anzahl wird Zielfindung auch an andere Standorte angepasst.
_Along the Kunstweg (art path) one is always in the sight of numerous hunting blinds. The installation is consisting of altogether 18 iron pipes aimed precisely at these observation posts. To prevent misunderstandings, all targeted blinds are flying a white flag. Since the installation was also designed as a wind organ, howling sounds can be heard here on windy days – like a pack call.
| KunstTurm Mücke | Künstlerhof Rottenburg | KünstlerInnenhaus Horb |
Fotocollagen 8x0,3 m, Memory-Karten Installation 3x3 m
An viele Bilder gewöhnt sich unser Auge, an Geschwindigkeit und Vielfalt. Doch kennen wir sie in der Regel nicht im Stillstand, nicht in derartiger Frontalität und Massierung. Man kann hier nicht abschweifen nach links oder rechts. Diese Kreuze sind kleine Mahnmale. Orte, die Trauer und Entsetzen aufnehmen; Kontaktstellen zu Personen, die an diesem Ort unsere Wirklichkeit verlassen haben. Unfallkreuze sind ein Teil unserer Straßen, sie sind immer wiederkehrendes Muster zum Bild, dass wir von unseren Wegen haben, Bestandteile unseres Unterwegsseins, die erst auffallen, wenn sie aus dem gewohnten Kontext herausgenommen werden.
Das Memory-Spiel ermöglicht, sich dem Thema persönlich zu stellen und immer wieder ein Paar aus dem Spiel zu nehmen – also loslassen.
_ These crosses are small memorials. Places that absorb grief; contact points with people who have left our reality in this place. Accident crosses are a part of our streets, they are a recurring pattern to the image we have of our paths, components of our being on the road that are only noticeable when they are taken out of their usual context.
The memory game makes it possible to face the topic personally and to take a couple out of the game again and again – in other words, to let go.
| Kulturbahnhof Kassel | Kunstverein Marburg | Galerie Salon Brenner Offenbach | Orangerie Darmstadt | ... |
Fotografien, Sockel, Schuhobjekt | Video FÜNF VOR ZWÖLF (CINDERELLA)
Der 2,5-minütige Film „fünf vor zwölf“ zeigt in einer Endlosschleife unterschiedlich beschuhte Füße, die immer wieder eine Treppe hinab rennen. Blaue Schuhe, rote Schuhe und der Höhepunkt goldene Schuhe, schließlich unbeschuht, barfuß. Wir vernehmen unentwegt die Geräuschkulisse der klappernden Schuhe. Viele Lesarten ermöglicht dieser Videoclip mit seinem minimalistischen Aktionsradius und dem Untertitel (Cinderella): das Hin und Her zwischen zwei Welten, der der schmutzigen Hausarbeit und der des Prinzessinnenwettbewerbs. Das Verkleiden und die Flucht aus dem Haus kennen Frauen – Konflikte von Privat- und Außenwelt, von Zwängen und Getriebensein. Das Video legt mit dem Schuh als Metapher einen nucleus frei, der den Alltag vieler Frauen betrifft, und ihre Gangart entscheidend mitbestimmt. In der insistierenden Wiederholung, mit der die Absätze in unterschiedlichen Tonlagen die Treppe hinunterklappern kombiniert mit der unzähligen Sammlung von einst verlorenen einzelnen Schuhen sowie einem Paar goldener Baby-Sandalen, ist es ein lakonischer Kommentar zum Frausein.
_ The 2.5-minute film "Five to Twelve" shows feet with different shoes in an endless loop, running down a flight of stairs again and again. Blue, red and golden shoes, finally unshoded, barefoot. We constantly hear the soundscape of the clattering shoes. With its minimalist radius of action and the subtitle (Cinderella), this video clip shows multiple points of view: the back and forth between two worlds, that of dirty housework and that of the princess competition. Women are familiar with dressing up and escaping from the house. Conflicts of the private and external worlds, of constraints and being driven. Using the shoe as a metaphor, the video exposes a nucleus that affects the everyday lives of many women and decisively determines their gait. In the insistent repetition with which the heels rattle down the stairs in different pitches combined with the countless collection of once-lost single shoes, as well as a pair of golden baby sandals, it is a laconic commentary on womanhood.
| Haus der Stadtgeschichte Offenbach | Fraunhofer Institut Darmstadt | Dt. Ledermuseum Offenbach |
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